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Gegen Medientheorie
Florian Cramer
7.2.2001, für 3 Minutes of Theory,
Rohrpost-Jahresempfang
- Ein Medium ist eine mittlere Instanz zwischen Sender und
Empfänger. Computer können Zeichen nicht nur
transportieren, sondern auch generieren und interpretieren. Sie
sind deshalb nicht nur Medien, sondern universelle
Zeichenmaschinen.
- Wir brauchen daher keine Medientheorie, sondern eine Semiotik
des Netzcomputers.
- Wenn von ,,den Medien" die Rede ist, sind meistens die
,,neuen Medien" gemeint. Der Computer unterscheidet sich von
allen anderen neuen Medien dadurch, daß er eine universelle
Zeichenmaschine ist, und schließlich dadurch, daß er
seine Zeichen textuell codiert.
- Wir brauchen daher keine Medientheorie, sondern eine text- und
zahlentheoretisch geschulte Semiotik des Computers.
- Eine formale Definition von Text: Text ist eine endliche Menge
diskreter Zeichen, die einem Alphabet, also einer anderen Menge
diskreter Zeichen entnommen sind.
- Digitale Zeichen sind Systemzustände von Prozessoren und
Speichern. Das Argument, sie konstituierten keinen Text, sondern
seien bloß ,,Schaltungen", greift zu kurz. Die
Systemzustände eines Computers sind ebenso textuell wie zum
Beispiel Flaggenzeichen, und sie können ohne
Informationsverlust in alphanumerischen Text codiert und in
Systemzustände rückcodiert werden.
- Weil eine von Kracauer und McLuhan an Film und Fernsehen
entwickelte ,,Medientheorie" einfach auf den Computer
übertragen wurde, hatten Begriffe wie
,,Virtualität", ,,Nonlinearität" und
,,Interaktivität" irreführende Konjunktur. Digitaler
Code ist nicht manipulierbarer, nonlinearer oder ,,virtueller"
als jeder andere Text.
- Im Gegenteil, die digitale Codierung macht Bild- und Tondaten
so rhetorisch und mathematisch manipulierbar, wie es jeder Text
immer schon war.
- Es ist die besondere poetische Qualität des digitalen
Texts, maschinell ausführbar zu sein, sich selbst replizieren
und modifizieren zu können. Die Theorie des Netzcomputers
sollte dies, und auch technische Störungen der Codierung,
intertextuell lesen können.